Gerüste
Unter Gerüst versteht man eine zeitweilige, allgemein wieder verwendbare Hilfskonstruktion aus meist standardisierten Gerüstbauteilen wie Holz, Metall, Stahl oder Aluminium, die als Arbeitsgrundlage, zur Schalung oder als Schutzeinrichtung verwendet wird.
Ein Arbeitsgerüst dient dazu, Arbeiten an Bauwerksteilen auszuführen, die ansonsten nicht oder nur schwer zugänglich sind, wie z. B. Verputzarbeiten oder Arbeiten an der Dachrinne. Es muss ausreichend tragfähig sein, um die darauf Arbeitenden, ihr Arbeitsgerät sowie das erforderliche Arbeitsmaterial zu tragen. Ein Arbeitsgerüst, auf dem nur ein Spengler eine Dachrinne anzubringen hat, kann also in einer leichteren Art ausgeführt sein als ein Gerüst, von dem aus Natursteinarbeiten an der Fassade ausgeführt werden.
Schutzgerüste sind nicht dazu gedacht, um von dort aus Arbeiten am Bauwerk auszuführen, sondern um die Arbeiter und Passanten gegen Absturz zu sichern oder um diese vor herab fallenden Bauteilen zu schützen. Das Fanggerüst ist ein solches Schutzgerüst. Es sorgt für die Absturzsicherung bei ungesicherten Arbeitsflächen wie etwa bei noch nicht hochgezogenen Wänden. Das Dachfanggerüst ist erforderlich, um die auf dem Dach Arbeitenden vor einem tieferen Absturz zu sichern. Das Dachfanggerüst dient auch als Schutz der darunter befindlichen Personen gegen herab fallende Gegenstände. Bei Flächen, über denen für einen längeren Zeitraum Arbeiten ausgeführt werden, kann es erforderlich sein, Schutzdächer sogenannte Passantentunnel auf Gerüsten anzuordnen, um Passanten oder Arbeiter vor herab fallenden Gegenständen sicher zu schützen
Systemgerüste: Alle Abmessungen ergeben sich durch Verbinden an vorbestimmten Stellen der Ständer.
Bei dem Standgerüst, welches das am häufigsten verwendete Tragsystem ist, sind die Belagteile auf einem, auf dem Boden fest stehenden Gerüstbauteil wie einem Rahmen befestigt. Rahmengerüste sind Systemgerüste, mit denen die Montagezeit erheblich reduziert wird. Eingesetzt wird das Systemrahmengerüst überwiegend als Arbeits- und Schutzgerüst für die sichere Bearbeitung von Fassaden oder als Schutzgerüst, das den Absturz von Personen oder Material verhindert. Die Einteilung erfolgt in sechs Lastklassen und sieben Breitenklassen, welche durch das Deutsche Institut für Bautechnik geprüft wird und entsprechend eine Allgemeine Bauaufsichtliche Zulassung erhält. Hier gelten Europaweit Euronormen und in Deutschland sog. DIN-Normen. Ein paar bekannte Hersteller von Systemgerüsten sind z. B. Layher Blitz 0,73 und 1,09, Plettac SL 70 und 100, das Hünnebeck Bosta 70 und 100 sowie das Rux Super 65 und 100. Je nach durchzuführender Arbeit wählt der Auftraggeber die entsprechende Lastklasse und Breitenklasse aus.
Modulgerüste sind Systemgerüste, bei denen an den Ständern in regelmäßigen Abständen zumeist 50 cm vorgefertigte Knotenpunkte angeschweißt sind. Diese dienen zum Befestigen anderer Gerüstbauteile wie Riegel, Diagonalen, Konsolen oder anderer herstellerspezifischer Bauteile. Modulgerüste sind die wirtschaftliche und Montagezeit sparende Weiterentwicklung der Stahlrohr-Kupplungsgerüste. Eingesetzt werden sie überwiegend als Flächen- oder Raumgerüst, z.B. in der Industrie als Arbeits- und Schutzgerüst. Sie werden ebenfalls in sechs Lastklassen eingeteilt.
Stangengerüste und Leitergerüste sind aus Gründen der Arbeitssicherheit eher als historisch anzusehen und darf nicht mehr im gewerblichen Bereich eingesetzt werden.
Ein Hängegerüst wird dann angewendet, wenn ein Standgerüst nicht gestellt werden kann. Dies ist häufig an Brücken oder ähnlichen Bauwerken der Fall. Die Abhängung wird entweder an einem eigenen brückenähnlichen Bauteil, an einem Ausleger oder an einer Konsole befestigt. Bei einem Auslegergerüst werden Träger auf der Decke befestigt, auf die dann die Belagteile aufgelegt werden. Dabei ist zu beachten, dass die Wanddurchbrüche für die Träger erst nach der Demontage des Gerüstes geschlossen werden können. Bei einem Konsolgerüst werden Konsolen an der Außenwand in einbetonierten Aufhängeschlaufen eingehängt, die nach der Demontage des Gerüsts entfernt werden müssen. Standgerüste brauchen hingegen nur wenige Befestigungspunkte die mit sog. Anker oder Halter, die in Form von Dübeln - meist aus Nylon – oder Gewindehülsen auch in der Fassade belassen werden können.
Gerüste bestehen aus wenigen Einzelteilen.
Die senkrechten Rahmen stehen auf Gewindefüßen, die durch eine Spindel höhenverstellbar sind, so dass Unebenheiten des Untergrundes ausgeglichen werden können. Auf einen Rahmen kann oben ein weiterer Rahmen aufgesteckt werden. Auf die Rahmen werden Böden oder Gerüstmatten gelegt, die die Etagen des Gerüstes bilden. Moderne Systemgerüste klemmen die Böden zwischen den beiden Rahmen so ein, dass sie nicht aus Versehen oder durch Windsog herausgehoben werden können. Für einen reibungslosen Auf- und Abbau ist es wichtig, dass alle Rahmen genau senkrecht stehen und alle Gerüstböden waagerecht liegen. Den Auf- und Abstieg zwischen den Etagen ermöglichen die Leitergänge, die heute in der Regel aus speziellen Gerüstböden mit eingearbeiteter Klappe und fest montierter, hochklappbarer Leiter bestehen.
Die Rahmen leiten die Lasten in den Baugrund ab, die Gerüstböden verhindern, dass einzelne Rahmen umfallen und versteifen das Gerüst horizontal. An der Außenseite des Gerüstes werden diagonal verlaufende Streben sog. Diagonalen angebracht, die verhindern, dass das ganze Gerüst in Längsrichtung umfallen kann. Damit es nicht in Querrichtung umfällt, wird das Gerüst in der Regel durch Ösenschrauben in speziellen Gerüstdübeln am Gebäude verankert. Grundsätzlich ist für jedes Gerüst - das keiner Regelausführung entspricht - ein Standsicherheitsnachweis (Statik) erforderlich. Bei Systemgerüsten kann er unter der Voraussetzung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs durch die Typenzulassung ersetzt werden.
Die Vertikalrohre der Rahmen sind mit Befestigungsmöglichkeiten ausgestattet, an denen in zwei Ebenen Geländer eingehängt werden. Unten muss außerdem ein Bordbrett zwischen die Stützen geklemmt werden, damit man nicht beim Ausrutschen unter den Geländern hindurchgleiten kann und damit kein Material nach unten fallen kann. Auch die Schmal- oder Stirnseiten werden durch Doppelstirngeländer oder Stirngeländerstützen und Stirnbordbretter gesichert. Man spricht hier auch von einem dreiteiligen Seitenschutz.
Um das Gerüst den Konturen eines Gebäudes, wie auskragende Gesimse anzupassen, können an die Stützen Konsolen geschraubt werden, in die weitere Belagbohlen eingehängt werden können. Größere Abstände für Einfahrten, können durch den Einbau von Gitterträgern überbrückt werden, an denen die untersten Rahmen mit Kupplungen befestigt werden.